Seit März 2020 verfolgen wir die Trends auf den Gebrauchtbootmärkten in Italien und Kroatien sehr genau. Und wenn man sie kurz und prägnant beschreiben will, so kann man getrost von einer Achterbahn-Fahrt sondergleichen sprechen: Von einem fast leergefegten Markt mitten in der Pandemie bis hin zu einer aktuellen Angebotssituation, in der wiederum alles Kopf steht.
Der gemeinsame Nenner?
Nun… der Markt hat sich gedreht – und wer ihn versteht, ist klar im Vorteil.
Lassen Sie uns also im Folgenden einen tieferen Blick auf die chronologischen Entwicklungen der letzten 5 Jahre werfen und schließlich auch die Implikationen beleuchten, die sich für Käufer und Verkäufer von Booten bzw. Yachten im aktuellen Marktumfeld ergeben.
2020-2022: Der Traum Vom Bootsurlaub
Als wir im März 2020 mit der Auswertung von Gebrauchtboot-Listungen in den einschlägigen Online Börsen gestartet haben, rechnete niemand damit, dass das Boot innerhalb der nächsten zwei Jahre plötzlich zum ultimativen Rückzugsort werden könnte.
Doch genau das ist passiert:
Bootsurlaub bot Abstand und Freiheit
Charterflotten hielten alles fahrbereit am Markt
Privateigner klammerten sich an diese neue Freiheit auf dem Wasser
➡️ Die Folgen: das Angebot an verfügbaren Gebrauchtbooten schrumpfte dramatisch – in Kroatien bei Segelyachten sogar um die Hälfte (Index März 2020 = 100% / Index März 2022 = 51%).
Wer damals eine passende Yacht fand, kaufte (nicht selten, ohne vorherige Besichtigung und zu völlig überhöhten Preisen) – oder ging leer aus.
2023-2025: Flottenwechsel, Teure Liegeplätze
Doch wie jedes Pendel, schwang auch die Euphorie am Bootsmarkt schließlich wieder zurück und ab Ende 2023 drehte sich der Markt wieder.
In Zahlen ausgedrückt bedeutet das: heute (im Herbst 2025) liegen wir mit der Gesamtzahl gelisteter Gebrauchtboote in Kroatien und Italien wieder bei einem Index von ca. 180% – sehen also fast eine Verdoppelung des Angebots im Vergleich zu März 2020.
Zudem sehen wir auch eine sehr divergierende Entwicklung in den einzelnen Marktsegmenten:
Kroatien – Segelyachten
Hier erleben wir den größten Umbruch:
Eine Indexsteigerung von 51% im März 2022 auf 205% im Oktober 2025 – ergo eine Vervierfachung des Angebots
- Charterfirmen passen ihre Flotten an – ältere Modelle (Baujahre ~2017–2020) werden in großer Zahl abgegeben
Steigende Zinsen beschleunigen Verkaufstendenzen im Chartermanagement
Der Markt ist wieder gut befüllt – vorteilhaft für Käufer, anspruchsvoll für Verkäufer.
Italien & Kroatien – Motoryachten
Auch in der Gesamtbetrachtung von Motoryacht-Listungen sehen wir eine starke Zunahme der Listungen, wenngleich der Anstieg (noch) deutlich milder ausfällt (Index März 2022 = 83% / Index Oktober 2025 = 173%).
Wobei seitens der Verkäufer überwiegend folgende Gründe angeführt werden:
signifikant steigende Liegeplatzgebühren und Servicekosten
höhere Finanzierungskosten
Wunsch nach kleineren, effizienteren Booten oder Ausstieg
Ergebnis: Auch bei Motoryachten ist wieder mehr Bewegung im Markt – zugunsten der Käufer.
Markt Dashboard: Italien und Kroatien
Grafik Nr 1: Gesamt-Angebot an Gebrauchtbooten (Motor & Segel) 03/2020 bis 10/2025 (Index 03/2020=100%)
Grafik Nr 2: Vergleich: Segelboot vs. Motorboot Listungen Kroatien 03/2020 bis 10/2025 (Index 03/2020=100%)
Quelle: Eigene Auswertung basierend auf Abfragen via boat.24.com und inautia.com
Zukunftsausblick 2026–2027
Soweit, so gut. Angesichts der oben dargestellten Trends stellt sich natürlich noch die Frage, wo denn die Reise auf den Gebrauchtboot-Märkten in Kroatien und Italien in absehbarer Zukunft hinführen wird?
Nun… angesichts der gedämpften Wirtschafts- und Konsumlaune innerhalb der EU erwarten wir zunächst einmal kein schnelles Ausbalancieren. Viel wahrscheinlich sind hingegen aus heutiger Sicht die folgenden Szenarien:
Käufer warten länger: Investitionsentscheidungen werden verschoben; „nice-to-have“-Käufe werden gründlicher abgewogen.
Angebot bleibt hoch: Weitere Charter-Exits (Segel HR) und selektive Privatabgaben (Motor IT & HR) halten den Bestand überdurchschnittlich.
Preisdruck nimmt zu: Längere Vermarktungszeiten, mehr Preisvergleiche, harte Gegenangebote.
Kosten bleiben präsent: Liegeplätze, Versicherung, Service sind strukturell nicht rückläufig – sie wirken als natürlicher Preisdeckel.
Zinsen helfen nur graduell: Selbst bei etwas günstigeren Konditionen dominiert die Vorsicht.
Summe: Der Markt schiebt weiter Richtung Käufer. Eine nachhaltige Stabilisierung der Preise ist aktuell nicht in Sicht. Insbesondere ältere, Refit-bedürftige Boote werden extrem unter Druck geraten.
Was bedeutet das jetzt konkret
Implikationen für Käufer:
Geduld zahlt sich aus: Beobachten, vergleichen, in Ruhe verhandeln.
Kostenargument als Joker: Laufende Kosten (Liegeplatz, Versicherung, Service, Upgrades) systematisch in die Verhandlungen einpreisen.
Implikationen für Verkäufer:
Realistischer als der Markt – nicht optimistischer: Besser früh marktgerecht einpreisen als spät reduzieren.
Risiko für Käufer reduzieren: Lückenlose Doku, frische Services, ggf. Pre-Sale-Survey, übertragbarer Liegeplatz, Einwinterung inkl. → senkt Abschläge.
Aufwerten, wo es zählt: Sichtbare Pflege (Teak, Polster, Lackarbeiten), aktuelle Elektronik, neue Batterien.
FAZIT
Seit 2020 hat der Markt drei Phasen durchlaufen: Knappheit, Überangebot, Abwarten.
Heute und absehbar 2026/27 gilt: Käufermarkt mit weiterem Druck auf Durchschnittsware.
Premium bleibt gefragt, aber nur, wenn Zustand, Dokumentation und Preislogik stimmen.
Am Ende geht es um beides: Zahlen & Gefühl.
Wer beides zusammenbringt, segelt der Marktlage voraus.